25. November 2022 - Internationaler Tag gegen Gewalt an Mädchen und Frauen

Am 14. November waren wir dabei, als in Enger vor dem Rathaus die TDF-Fahne "frei leben" aufgezogen wurde. Am 25. November haben wir mit vielen Frauen(gruppen) aus dem Kreis Herford gegen Gewalt an Mädchen und Frauen und für Frauenrechte auf der ganzen Welt demonstriert.

Presseinformation der TERRE DES FEMMES Städtegruppe Herford zum 25. November 2022

Trautes Heim Leid Allein Forderungen zum Thema häusliche Gewalt

Frauen in Deutschland sind einem hohen Risiko ausgesetzt, häusliche und/oder sexualisierte Gewalt zu erleben. So geht die letzte Dunkelfeldstudie aus dem Jahre 2004 (BMFSFJ: 2004) davon aus, dass jede vierte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben häusliche Gewalt erlebt hat. Die europaweite Studie zu Gewalt an Frauen belegt, dass 35% aller Frauen in Deutschland schon physische oder sexualisierte Gewalt erlebt haben (FRAU: 2014). Gewalt an Frauen in Paarbeziehungen wurde erst kürzlich von der Gleichstellungskommission als ein wesentliches Hindernis in der Gleichstellung von Männern und Frauen in Deutschland identifiziert.

Der Begriff „häusliche Gewalt“ gehört ebenso wie „Beziehungstat“ in die Mottenkiste deutscher Ämter und in der Berichterstattung in den Medien. Beide legen nahe, dass sich dieses Problem „nur“ in einem privaten Umfeld abspielt. Gewalt ist aber nie privat. Die Folgen werden von der Allgemeinheit getragen, auch finanziell. Die Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen und Kindern nur zu unterschreiben reicht nicht, Deutschland sollte sie auch umsetzen.

TERRE DES FEMMES fordert:

  1. Rechtsanspruch auf Hilfe bei Gewalt: Deutschland muss sicherstellen, dass allen Frauen, die Gewalt erleiden, adäquate Hilfe und Unterstützung zur Verfügung steht, unabhängig von ihrem Wohnort, Gesundheitszustand, der Herkunft oder dem Aufenthaltstitel.

Das momentane Hilfesystem für Frauen nach Gewalt steht leider nicht allen Frauen zur Verfügung. Es ist weder flächendeckend ausgebaut noch ausreichend finanziert. Das Hilfesystem muss aber für alle gewaltbetroffenen Frauen und Kindern vorhanden sein. Betroffene haben ein menschenrechtliches Recht auf Hilfe und Unterstützung (s. Artikel 18, 23, 25 der Istanbul-Konvention). Ein neues Bundesgesetz muss diese Ansprüche regeln, ein bedarfsgerechtes und barrierefreies Angebot (u.a. Frauenhäuser, spezialisierte Frauenberatungsstellen, Opferschutzambulanzen, psychosoziale Prozessbegleitung) sicherstellen und für eine adäquate Finanzierung sorgen.

  1. Ein neuer Aktionsplan zu Gewalt an Frauen: Deutschland braucht ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen, das konkrete Maßnahmen vorsieht und mit einem umfassenden Budget ausgestattet ist.

Der zweite Aktionsplan der Bundesregierung zu Gewalt gegen Frauen liegt inzwischen 10 Jahre zurück (2007). Höchste Zeit für einen neuen Aktionsplan mit dem Ziel, sämtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und zur Unterstützung von Betroffenen zu bündeln, zu koordinieren, zu evaluieren und mit einem ausreichendem Budget zu versehen, so dass diese – auch personell – durchgeführt werden können. Ein solches Gesamtkonzept gegen Gewalt an Frauen sieht auch die Istanbul-Konvention (Artikel 7 und 8) vor.

  1. Datenerhebung: Daten zu Gewalt an Frauen müssen regelmäßig und umfangreich erhoben werden, auch unter Berücksichtigung der Folgen von Gewalt auf das weitere (Erwerbs-)Leben.

In Deutschland findet keine regelmäßige Datenerhebung zu Gewalt an Frauen statt und somit auch keine Überprüfung der bestehenden Hilfs- und Aufklärungsangebote. Die letzte umfassende Dunkelfeldstudie zu häuslicher Gewalt ist aus dem Jahr 2004. Daten zu Auswirkungen von Gewalt auf den Lebenslauf von Frauen, zum Beispiel auf ihre Erwerbsfähigkeit, fehlen für Deutschland komplett. Die Istanbul-Konvention sieht jedoch die Erhebung von Daten bzw. konsistenten Zeitreihendaten dringend vor (s. Artikel 11). Formen, Verteilung und gesamtgesellschaftliche Kosten häuslicher Gewalt müssen genauer erforscht und bestehende Gegenmaßnahmen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert werden.

  1. Ratifizierung der Istanbul-Konvention ohne Vorbehalte.

Deutschland hat bei der Unterzeichnung der Istanbul-Konvention beim Aufenthaltsrecht einen Vorbehalt eingelegt (Artikel 59, Absatz 2 und 3). Der Vorbehalt bedeutet, dass Migrantinnen vor Beendigung der „Ehebestandszeit“ keinen vom Ehemann unabhängigen Aufenthaltstitel bekommen dürfen. Dies führt dazu, dass Frauen, selbst wenn sie von Gewalt betroffen sind, bei ihrem (gewalttätigen) Ehemann ausharren müssen, wenn sie in Deutschland bleiben wollen bzw. nicht in ihre Heimat zurückkönnen. Die sogenannte „Härtefallregelung“ greift nur in Ausnahmefällen und bedeutet keinen wirklichen Schutz vor Gewalt. Wir fordern für Betroffene aus Drittstaaten ein von der Ehedauer unabhängiges Aufenthaltsrecht und die Rücknahme des Vorbehalts bei der Istanbul-Konvention.

  1. Überarbeitung des Gewaltschutzgesetzes: Die Wegweisung sollte bundesweit mindestens 14 Tage dauern, Verstöße müssen besser geahndet und sanktioniert werden, betroffene Berufsgruppen müssen regelmäßig geschult werden (z.B. PolizistInnen, RichterInnen, Staatsanwaltschaft), Sprachmittlung muss etabliert werden.

Wissenschaftliche Untersuchungen in verschiedenen europäischen Ländern zeigen, dass viele Opfer von Nahraumgewalt durch die aktuelle Praxis von Schutzanordnungen nicht oder nicht adäquat vor weiterer Gewalt geschützt werden. Dies trifft in Deutschland vor allem auf Personen mit spezifischen Schutz- und Unterstützungsbedarf zu, wie z.B. Migrantinnen, wohnungslose Frauen, Frauen mit Beeinträchtigungen. Eine Reform des Gewaltschutzgesetzes ist daher dringend nötig.

  1. Aussetzung des Umgangsrechts für das gewalttätige Elternteil: Bei Verdacht auf Gewalt darf es – nur unter Umständen – einen begleiteten Umgang geben. Im Vorfeld muss eine Gefahrenanalyse stattgefunden haben. Das Umgangsrechtsverfahren darf bei Verdacht auf häuslicher Gewalt nicht beschleunigt werden.

Gerade in hochbrisanten Fällen von häuslicher Gewalt kommt es immer wieder bei Übergabesituationen zu einer erneuten Gefährdung der Frau. Das muss verhindert werden und zugleich muss das Kindeswohl stärker in den Vordergrund rücken. Gewalt zwischen den Eltern ist für Kinder eine schwere psychische Belastung. Einem Kind, das jahrelang mitansehen musste, wie der eigene Vater die Mutter misshandelte, kann nicht zugemutet werden, Kontakt zum Vater pflegen zu müssen. Es sollte unabhängig von seinem Alter selbst mitbestimmen dürfen, was seinem Wohl dient. Das Kindeswohl und die Sicherheit der Betroffenen müssen immer Vorrang haben. Zudem darf das Umgangsrechtsverfahren bei Verdacht auf häusliche Gewalt nicht beschleunigt werden.

  1. Reform der Opferentschädigung: Das Opferentschädigungsgesetz muss hin zu einem modernen Entschädigungsrecht reformiert werden.

Betroffene und Zeugen schwerer Straftaten haben das Recht auf Opferentschädigung, jedoch nur, wenn es sich um einen tätlichen Angriff gehandelt hat. Betroffene von häuslicher Gewalt oder Stalking erleiden häufig jedoch nicht direkte körperliche Gewalt, sondern zum Beispiel durch Bedrohung oder durch (finanzielle) Kontrolle, also durch diverse Formen psychischer Gewalt. Deshalb muss das OpferEntschädigungsGesetz – wie schon lange geplant – hin zu einem modernen Entschädigungsrecht reformiert und auf psychische Gewalt ausgeweitet werden.

Weitere Forderungen:

  • Regelmäßige und bundesweite Sensibilisierung (z.B. durch verpflichtende Fortbildungen) von Behörden, Richterschaft und Polizei.

  • Den Ausbau einer jugendgerechten Präventionsarbeit auch in Schulen.

  • Einen rechtlichen Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung für alle Frauen, die von Gewalt betroffen sind.

  • Die Einführung von betrieblichen Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt (Workplace Policy) in Unternehmen und Verwaltungen.

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In Erinnerung an Mahsa Amini, die am 13. September von der iranischen Sittenpolizei festgenommen worden war, weil sie gegen die islamische Kleiderverordnung verstoßen habe und im Gefängnis starb, demonstrierten wir in Herford am 25. November für alle Frauen im Iran und überall auf der Welt, die frei und selbst bestimmt leben wollen.

Die Blumen im Haar tragen wir zur Unterstützung der Journalistin Masih Alinejad, die mit sehr viel persönlichen Einsatz seit vielen Jahren dafür kämpft, dass iranische Frauen irgendwann den Wind in ihrem Haar spüren dürfen.

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Für TERRE DES FEMMES gibt es neben der Gewalt im familiären persönlichen Umfeld noch andere Formen der geschlechtsspezifischen Gewalt:

* Prostitution und Menschenhandel (wir fordern die Umsetzung des Nordischen Modells)

* Genitalverstümmelung

* Gewalt, die mit der Kultur, der Religion bzw. Tradition begründet wird.

* Sexualisierte Gewalt und Sexismus

* Digitale Gewalt

25. November 2021 - Internationaler Tag gegen Gewalt an Mädchen und Frauen

Am Abend des 25. November 2021 haben wir als TERRE DES FEMMES Städtegruppe Herford einen Stadtrundgang gemacht und uns die Fahnen von TERRE DES FEMMES (TDF) und die orange beleuchteten Gebäude in der Stadt Herford angesehen. Den Menschen, denen wir begegnet sind, haben wir erzählt was der 25. November bedeutet. Eine Mädchengruppe hörte sich interessiert unseren kurzen Vortrag an. Mit unserer TDF-Fahne und dem orangen Schirm haben wir die Fahnenaktion „frei leben – ohne gewalt“ der Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES mit der „Zonta says no -Kampagne“ von Zonta International verbunden, mit der Gebäude und Wahrzeichen in Städten überall auf der Welt orange beleuchtet werden um auf die Gewalt gegen Mädchen und Frauen aufmerksam zu machen.

8. März 2021

8. März 2021 Internationaler Frauentag Foto: TDF-Städtegruppe

Am 8. März 2021 dem Internationalen Frauentag haben wir auf dem Alten Markt in Herford für das NORDISCHE MODELL im Umgang mit der Prostitution geworben. Ostwestfalen-Lippe und der Kreis Herford werden „Eine Hochburg der Prostitution“ genannt. Zuhälter können unter dem Schutz der Legalität Frauen in die Prostitution zwingen.

War der 8. März einmal ein Protesttag für ein Frauenwahlrecht und bessere Lebensbedingungen für Frauen, so sind auch bis heute die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und fairen Löhnen für Frauen weltweit ein TERRE DES FEMMES-Thema.

25. November 2020. Internationaler Tag „NEIN zu Gewalt gegen Mädchen und Frauen“.

Eine Aktion der Städtegruppe Herford auf den Stufen des Rathauses in Herford.

Jedes Jahr stellt TERRE DES FEMMES ein anderes Schwerpunktthema in den Fokus der Fahnenaktion frei leben – ohne Gewalt. 2020 widmen wir uns dem Thema Zwangs- und Frühverheiratung und fordern alle auf, die Botschaft #meinherzgehörtmir zu verbreiten.

25. November 2019 – Internationaler Tag „Nein zu Gewalt gegen Gewalt an Mädchen und Frauen

TERRE DES FEMMES rückt bei der diesjährigen Fahnenaktion zum 25.11., dem Internationalen Tag „NEIN zu Gewalt an Frauen“, das Thema Prostitution in den Fokus. Unter dem Motto „#sexistunbezahlbar – für eine Welt ohne Prostitution!“ werden deutschlandweit Veranstaltungen organisiert, die sich gegen die Gewalt an Frauen im System der Prostitution einsetzen.

Am 18. Novemer 2019 haben die Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Herford mit der TERRE DES FEMMES – Städtegruppe Herford und dem Landrat und Vertreterinnen und Vertretern der Mädchen und Frauenberatungsstellen, der Polizei und engagierte Bürgerinnen gemeinsam die Fahne „NEIN zur Gewalt an Mädchen und Frauen“ vor dem Kreishaus in Herford gehisst. Sie wollen damit ein sichtbares Zeichen setzen gegen Gewalt an Mädchen und Frauen.  In Deutschland wird alle 2,5 Tage eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet.

Foto: TDF-Städtegruppe